„Ich war“, erzählte die Pfarrerstochter, „im Traum in meinem Elternhaus und hatte mich soeben daran begeben den Tisch zum einfachen Mittagessen zu decken. Da erhielt ich die Nachricht: Der Herr Jesu habe sich mit seinen Jüngern zu einem Besuch angekündigt. Noch bevor ich mich von meinem freudigen Erstaunen erholt hatte, traten auch schon die teuren heiligen Gäste zur Tür herein und folgten voller Huld und Freundlichkeit meiner schlichten Bitte an unserm Tische Platz zu nehmen. Eine unbeschreibliche Freude durchdrang mich in der Nähe dieser geweihten Gestalten sein zu können. Mein Blick hing vor allem an dem einen, den ich als meinen Heiland erkennen und anbeten durfte. Meine Erregung kam endlich zur Ruhe während ich den heiligen Worten seines Mundes mit Wonne lauschte, und ich fühlte, dass das Glück dieser Stunde mit nichts zu vergleichen war, was ich bisher auf Erden erlebt hatte. Ich durfte den Herrn und Seine Jünger bedienen und Ihn unablässig reden hören. Seine Worte klangen in mir wie Himmelsmusik. So verging Stunde um Stunde; dabei war mir, als hätte das heilige Zusammensein erst angefangen und vor Verwunderung sprach ich kein Wort.

Mit einmal klopfte es an der Tür. Gleich darauf wurde sie halb geöffnet, und ein Männlein mit einem gepackten Tragekorb auf dem Rücken trat herein. Ich wies seine Bitte, die Ware anbieten zu dürfen gleich zurück, denn es war klar, dass ich keinen Augenblick verlieren durfte, die Gegenwart unserer hohen Gäste zu genießen. Aber der zudringliche Krämer ließ sich nicht so schnell abweisen und schnürte die Bündel auf; nur ansehen sollte ich mir die bunten Tücher, Bänder und feinen Spitzen. Wenn ich auch nicht kaufen wollte, so musste ich doch nachgeben, wollte mit schnellem Blick die Waren mustern um dann dem Herrn Jesu, der mich ernst anschaute, wieder zu dienen. Doch dies ließ der eifrige Krämer nicht zu. Immer neue Pakete und Rollen wurden entfaltet und meine Augen ließen sich fesseln von dem Anblick der schönen Ware. ‚Aber jetzt muss es genug sein, dies Tuch will ich kaufen, und dann packt eure Sachen zusammen und geht.‘, so rief ich angstvoll, denn ich sah, dass sich der Herr Jesu und Seine Jünger erhoben und zum Weggehen richteten. ‚Ich will gehen, wenn Sie sich beeilen‘, sprach der Krämer, ‚aber eins haben sie noch nicht gesehen, etwas, was schöner ist als alles, was ihr bisher gesehen habt. Ein echtes chinesisches Tuch; Eine Königin bräuchte sich dessen nicht zu schämen. Dazu bekommen Sie es zu einem guten Preis. Die Farben halten mit unvergänglicher Dauer.‘ Er holte das Tuch hervor. Ja, es war wunderschön! So eins wünschte ich mir schon lange, aber ich durfte mich nicht länger aufhalten; ich wandte mich um und wollte zu meinen Gästen zurück, doch welch unbeschreiblicher Schrecken durchfuhr mich: Die Plätze waren leer, der Herr Jesus hatte das Zimmer verlassen. Soeben schloss der letzte Jünger, mir noch einen wehmütigen Blick zuwerfend, die Tür.

Mit einem Schreckensruf erwachte ich. Gott Lob, es war nur ein Traum! Aber tief ins Herz grub sich ein fester Entschluss: Dem Herrn treu zu dienen und so oft mir eine Versuchung nahe trete um mein Herz zu gewinnen, mich meines Traumes zu erinnern.“