„Die ungarische Nachtigall“, so nannte man sie wegen ihrer reizenden Stimme: Ihr wirklicher Name aber war „Ilma von Murska“. Sie war eine weltbekannte und berühmte Sängerin, auf deren Gesang gar viele mit Entzücken lauschten. Die Bühnen von Petersburg und Paris rühmten sich ihrer Mitwirkung. Bei den Reichen und Großen dieser Welt erfreute sie sich großer Beliebtheit und sie selbst lebte in Glanz und Wohlleben.

Bald aber waren die Tage ihres Erdenlebens verrauscht. In großem Elend, bettelarm, vergessen, einsam und verlassen, ging dieser einst so glänzende Bühnenstern unter; sein Glanz ist gänzlich verloschen. Alles, was von der einst so berühmten Sängerin noch übrig ist, ist ein wenig Asche, die in Gotha, wo die sterblichen Überreste verbrannt wurden, aufbewahrt wird.
„Verstummt der süßen Stimme Schall,
zu Asche geworden die Nachtigall.“

So steht – gewissermaßen als Bilanz ihres Lebens – auf der schwarzen Urne, in welcher ungefähr ein Lot Asche aufbewahrt wird.

Es war nicht lange nach ihrem Tod, da griff ihre Tochter in großem Kummer und Leid zum Gift und warf, des Lebens überdrüssig, dieses von sich. Offenbar konnte sie den Verlust ihrer Mutter nicht verschmerzen. Die Schrift auf ihrer Urne zeigt dem Beschauer so recht, wie inhaltslos ihr Leben war; hier ist sie:
„Die hier ruht, hat schwer gelitten,
viel gekämpft und nichts erstritten.“

Wie wahr ist doch das Wort des Herrn: „Die Welt vergeht mit ihrer Lust!“ Ob jene gefeierte Sängerin auch je in ihrem Leben an diese Wahrheit gedacht hat? Wohl kaum. Wie sollte sie auch! Überall wurde sie als große Künstlerin geehrt und gefeiert. Dazu brachte ihre Kunst reiche Bezahlung ein. Was fehlte ihr noch? Ach, sie wusste es wohl nicht, dass ihr das Beste fehlte. Nein, sie hatte kein Auge dafür, dass alles, was in der Welt ist, den Stempel der Vergänglichkeit trägt, bis sie endlich die herbe Bitterkeit, die für so viele in dem ernsten Wort Gottes liegt „die Welt vergeht mit ihrer Lust“, an sich erfahren musste, bis ihr Glücksstern sich verdunkelte und schnell, ja gar zu schnell, für immer unterging. Wohin ist ihr Ruhm? Was gilt ihr Name? „Verstummt ist der süßen Stimme Schall… “

Vergänglichkeit! „Die Welt vergeht mit ihrer Lust“. Ja, wissen denn das die Menschen nicht? Fast scheint es so. Und doch ist dieses die Predigt, die der Menschheit am allermeisten gehalten wird. Schau in die Natur, wo ist die herrliche Blütenpracht, die dich mit ihrem süßen Duft schier berauschte und an der dein Auge sich weidete?
Schau in die Geschichte der Reiche und Völker. Was ist aus Babylon, was aus dem einst an Kultur, an Kunst und Wissenschaft so hochstehenden Ägypten, was ist aus Griechenland und seinen Weisen, und was ist aus dem großen Römerreich geworden? Aber wozu dieses alles? Sehen wir es denn nicht tagtäglich, wie vergänglich alles ist? Jeder Sarg, jedes Grabgeläute, … und wenn du dein eigenes Leben betrachtest, ruft das alles dir nicht laut entgegen: „Vergänglichkeit“!

Aber ist denn das nun des Lebens ganze Weisheit, diese bittere Wahrheit, dass die Welt mir ihrer Lust vergeht? Ach nein, liebe Seele, es gibt etwas, das nie vergehen wird, etwas „Unvergängliches“. Sieh, hier ist die andere felsenfeste Wahrheit: „Wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit!“

Freue dich, liebes Herz, über diese frohe Botschaft. Siehe, der Herr zeigt in diesem Wort (1. Joh. 2:17) beides: das, was vergänglich ist und das, was unvergänglich ist. Willst du in alle Ewigkeit leben, in ewiger unbeschreiblicher Freude und Wonne? Dann musst du den Willen Gottes tun. Dieser Gotteswille ist in Seinem Wort, der Bibel, und in besonderer Weise in dem Leben Jesu offenbart. Jesus kam in diese Welt und lehrte die Menschheit durch Wort und Wandel, wie sie den Willen Gottes tun können, um dadurch in Ewigkeit zu bleiben. Siehe, du hast die Wahl zwischen Vergänglichem und Unvergänglichem. Was willst du haben – ein Leben in der Lust der Welt, das gar zu bald dahin ist, oder ein Leben nach dem Willen Gottes, das ewig bleiben wird in der nie endender Glückseligkeit? – O, triff deine Wahl recht!

Ev. Posaune 1935 Wilh. Berle