Ein Indianer kam einst mit zwei Uhrzeigern zu einem Uhrmacher und sagte zu ihm:
„Bringe mir diese beiden Zeiger in Ordnung, sie geben schon seit mehr als einem halben Jahr die Zeit nicht richtig an.“
„Aber wo hast du denn deine Uhr?“ fragte der Uhrmacher.
„Daheim in meiner Hütte.“, gab jener zur Antwort.
„Ja, aber wenn du mir die Uhr nicht gibst, kann ich sie nicht wieder richtig in Gang bringen.“, sagte der Uhrmacher.
„Aber ich habe dir doch gesagt, dass an der Uhr nichts zu reparieren ist, sondern nur an den Zeigern, und diese habe ich hier mitgebracht. Jetzt willst du nur die Uhr haben, um mir dann eine große Rechnung schreiben zu können.“
Zornig ging er davon.
„Welch ein törichter Mensch!“, so sagen wir mit überlegenem Lächeln. Aber sind viele nicht geradeso töricht in ihrer Art, wenn sie nur dafür Sorge tragen, dass ihr äußerer Wandel ehrbar ist, dass sie nicht anstoßen und sich keine Blöße geben, damit ihnen niemand etwas nachsagen kann? „Tue recht und scheue niemand.“ – Das sind die beiden Zeiger, auf deren rechten Gang genau geachtet wird, und wenn sie glauben, hierin ihre Schuldigkeit getan zu haben, dann sind sie ganz mit sich zufrieden. Aber die Uhr, das Herz, das alles regiert, soll bleiben wie es ist. Dieses liefert man dem großen himmlischen Meister nicht aus, dass Er es in richtigen Gang bringe. Man fürchtet, dass hierfür die Kosten zu groß sind, dass da mit mancher Lieblingssünde gebrochen und dieses oder jenes Stück des alten sündigen Ich verleugnet werden muss. Wenn von dergleichen z.B. in der Predigt die Rede ist, geht man auch zornig fort und bildet sich ein, dass die Zeiger richtig gehen, auch wenn sie von dem im Worte der Wahrheit angegebenen Gange ganz bedenklich abweichen. „Die Uhr muss ich haben“, sagt der große Meister.